RD gekauft - was ist zu tun?

Verfasst von StVOnix

Grundsätzlich

Gut ist es, wenn die Vorgeschichte der RD bekannt ist. Das ist aber meistens nicht der Fall. Meistens kann man nicht sagen, was der Vorbesitzer daran gemacht hat. Oft sind die RDs auch total verbastelt, schließlich haben da schon Generationen von RD-Fahrern dran gewerkelt. Auch sollte man die Zusagen des Vorbesitzers nicht allzu ernst nehmen. Das Versprechen: "Die Bremsen sind neu gemacht" kann im schlimmsten Fall tödlich enden.
Deshalb sollten als Allererstes beide Reifen gewechselt werden, egal, wie gut das Profil noch ist. Reifen altern auch im Stand und werden rissig. Und wenn man dem Vorbesitzer nicht wirklich 100%ig vertrauen kann, weiß man nicht, wie lange die Reifen schon drauf sind. Also schonungslos wechseln.
Das Selbe gilt für die Bremsbeläge. Hier altert der Kleber, mit dem die Beläge mit der Platte verbunden sind. Ich habe sogar schon von alten Bremsklötzern gelesen, die sich beim Bremsen von der Platte gelöst haben. Das ist Lebensgefährlich. Unbedingt wechseln! Vorne und hinten! Natürlich auch die Bremsscheiben ganz genau ansehen. Bremsscheiben bekommen nicht nur Riefen vom Bremsen, sondern können durch Hitze und Verspannung sogar Risse bekommen.
Auch die Bremsschläuche altern. Auch die sollten unbedingt gewechselt werden. Am Besten gleich gegen Stahlflex-Leitungen austauschen. Hierbei aber auf ABE achten oder beim TÜV eintragen lassen. Für die Bremspumpen und Bremssättel gibt es Reparatursätze. Das sollte zu einem späteren Zeitpunkt auch mal gemacht werden.

Vor dem ersten Start

Wenn man keine Besichtigung/Probefahrt gemacht hat, also die RD nicht selber laufen lassen hat (z.B. bei Ebay-Kauf), den Motor nicht gleich starten!
Wenn RDs lange stehen, werden oft die Benzinhähne und Schwimmernadelventile undicht. Dann läuft das Benzin mehr oder weniger ungehindert in das Kurbelgehäuse durch. Da sich Flüssigkeiten im Gegensatz zu Gasen nicht verdichten lassen, führt ein beherzter Tritt auf den Kickstarter sofort zum Motorschaden.
Deshalb beide Zündkerzen ausschrauben, den Kickstarter vorsichtig von Hand betätigen und den Motor mehrmals durchdrehen. Danach die RD ohne Zündkerzen mit eingelegtem Gang einmal die Straße rauf und runter schieben, bis alle Benzinreste mit Sicherheit aus dem Motor verschwunden sind.
Danach unbedingt neue Kerzen einsetzen, auch wenn die alten noch gut aussehen. Vorgesehen sind B8ES, aber empfehlenswerter sind B9ES. Auch die Kerzenstecker bei der Gelegenheit gleich wechseln. So schließt man mögliche Fehlerquellen aus. Darauf achten, dass nur entweder die Kerze oder nur der Stecker entstört ist.

Der Motor

Nun sollte man nachsehen, ob ein Start überhaupt Sinn macht. Da man beim Zweitakter durch den Auslass direkt in den Zylinder sehen kann, nimmt man die Auspuffe ab. Bei YPVS-Modellen schaltet man die Zündung ein, dann sollte ein dreimaliges Surren zu hören sein. Wenn das geschehen ist, sollte die Auslasswalze offen stehen. Wichtig: Zündung wieder ausschalten, damit die Walze sicher in ihrer Position stehen bleibt. Sonst besteht Unfallgefahr. Die Walze könnte ohne weiteres einen Finger abscheren, wenn sie sich durch einen Elektronikfehler plötzlich bewegt.
Wenn die Walze nun offen steht, muss die Kolbenseitige Kante genau mit der Auslasskante bündig abschließen. Und zwar auf beiden Zylindern. Ist das nicht der Fall, muss der Fehler dringend beseitigt werden. Dazu gibt es im Forum viele Beiträge. Bitte die Suchfunktion benutzen.
Ein Beispiel: http://forum.rd350lc.de/viewtopic.php?t=8347

Sollte die Walze nicht öffnen, müssen die beiden Züge ausgehangen werden, und die Walze von Hand auf 'offen' gestellt werden, damit man in die Zylinder sehen kann. Hier sieht man dann die Auslassseite des Kolbens und - wenn man den Motor etwas weiter dreht - die Einlassseite des Zylinders. Es sollten keine Freßspuren und keine tiefen Riefen zu sehen sein. Sonst kann man sich das Starten gleich sparen und die Zylinder abnehmen.

Betriebsstoffe

Als Nächstes sollten alle Flüssigkeiten ausgetauscht werden. Kühlwasser, Getriebeöl, Zweitaktöl und Benzin.
Wenn der Tank abgelassen ist, von innen begutachten. Mit einer Taschenlampe hinein leuchten, ob sich Rost gebildet hat. Gut ist, wenn man sich mit seinem Zahnarzt gut versteht. Ein Zahnarztspiegel leistet hier (und nicht nur hier) sehr gute Dienste. Ist der Tank verrostet, finden sich im Forum sehr gute Beiträge zum Thema "Tank entrosten". Bitte die Suchfunktion verwenden.
Ein Beispiel: http://forum.rd350lc.de/viewtopic.php?t=9913
Das alte Benzin ist zu entsorgen. Auch Benzin altert, und oft setzt sich auch Wasser im Tank ab. Wenn der Tank leer ist, bietet es sich an, den Benzinhahn zu zerlegen und zu reinigen. Das ist keine große Arbeit, aber enorm wichtig. Bei einem Zweitakter führt eine Gemischabmagerung schnell zu Motorschäden, deshalb muss eine ausreichende Benzinversorung sichergestellt sein.
Danach den Tank nicht gleich befüllen, sondern erstmal 2-3 Liter Gemisch 1:50 einfüllen. Vor der Inbetriebnahme des Motors muss nämlich noch sichergestellt werden, dass die Ölpumpe auch wirklich auf beiden Leitungen Öl fördert. Dazu empfiehlt es sich, die schwarzen Ölschläuche gegen durchsichtige zu tauschen. Die winkligen Anschlußstücke an der Ölpumpe lassen sich abnehmen. Darunter sitzen federbelastete Kugeln, die eine Bohrung verschließen. Hier setzt sich Dreck ab. Mit einer Flachzange die Anschlußstücke vorsichtig hin- und herdrehen, um sie herauszuziehen. Vorsicht, dass die Federn nicht wegspringen. Gründlich reinigen und eventuell die Federn ganz wenig auseinander ziehen. Danach die Stücken wieder fest aufstecken.

Vergaser

Wer es gar nicht abwarten kann, kann jetzt den Motor starten. Besser ist aber, vorher die Vergaser zu zerlegen und gründlich zu reinigen. Empfehlenswert ist hierfür ein Ultraschallbad. Auf jeden Fall aber müssen alle Bohrungen mit Druckluft durchgeblasen werden. Wegen der Druckluft eventuell den Tankwart des Vertrauens fragen.
Beim Vergaser zerlegen nicht den Düsenstock vergessen. Das ist dieses längliche Röhrchen, in das unten die Hauptdüse eingeschraubt wird und oben die Düsennadel aufsetzt. Wenn die Hauptdüse raus ist, kann man in das Gewinde eine Schraube M5 einsetzen, und mit leichtem Klopfen auf diese Schraube den Düsenstock nach oben entfernen. Hier setzen sich oft Rückstände in den Bohrungen ab.
Die Schwimmernadelventile müssen auf jeden Fall ersetzt werden. Besser ist ein Reparatursatz, weil da auch gleich neue Düsen und ein Düsennadel, sowie neue Dichtungen dabei sind. Schließlich weiß man nicht, ob die Düsen nicht schon von irgend jemand aufgerieben wurden. Und die Düsennadeln verschleißen auch.
Nach dem Wechsel der Schwimmernadelventile unbedingt die Schwimmerhöhe einstellen, d.h. das Kraftstoffniveau in der Schwimmerkammer. Ist das zu niedrig, läuft der Motor zu mager.
Hierzu ein Thread: http://forum.rd350lc.de/viewtopic.php?t=11801

Wenn die Vergaser ab sind, kann man gleich die Ansauggummis abnehmen und sorgfältig begutachten. Auch wenn sie auf den ersten Blick gut aussehen, stellt man meistens feine Risse fest, wenn man sie zwischen den Fingern etwas durchknetet. In dem Fall sind sie unbedingt zu wechseln. Wie oben schon erwähnt, führt Gemischabmagerung bei Zweitaktern schnell zu Motorschäden. Deshalb muss Nebenluft garantiert ausgeschlossen werden. Sicherheitshalber sollte man die Gummis generell auswechseln.
Wenn die schon ab sind, kann man auch gleich die Membrane rausnehmen, und nachsehen, ob die richtig schließen. Auch die sollten am Besten von vornherein gewechselt werden. Wenn eine Metall-Membran bricht und vom Motor angesaugt wird, führt das mit ziemlicher Sicherheit zum Motorschaden.
Sind Membrane, Ansauggummis und Vergaser, sowie die Ölpumpe in Ordnung, bleibt noch der Luftfilter. Hier gar nicht erst mit Reinigen anfangen, sondern gleich wechseln.
Nicht vergessen, die Vergaser nach dem Einbau zu Synchronisieren, das heißt, beide Schieber in leicht geöffnetem Zustand auf exakt gleiche Höhe einzustellen.
Ist das nicht der Fall, wird die RD ziemlich mies laufen. Wenn man es nicht vorhin schon gemacht hat, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo man die Auslasswalze genau einstellen sollte.

Das Getriebe

Wenn es nicht bereits geschehen ist, kommt jetzt der Getriebeöl-Wechsel dran. Bei dem abgelassenen Öl auf Wasseranteil achten. Ist Wasser im Öl, kann man von einer undichten Wasserpumpe ausgehen. Hier ist es meist der O-Ring auf dem Rohr zum Wasserschlauch, oder der Simmerring der Wasserpumpe.
In das Getriebe gehört mineralisches 15W-40. Kein synthetisches Öl nehmen, da sonst die Kupplung zu rutschen beginnt.

Erst wenn alle bisher beschriebenen Punkte abgehakt sind, sollte man eine erste Probefahrt wagen.

Das Motorinnere

Dabei ist das nur eine grobe Erstbehandlung. Richtiger wäre es eigentlich, den Motor komplett zu zerlegen.
Bisher wissen wir ja noch nicht, in welchem Zustand beispielsweise die Kurbelwelle ist. Da im Zweitaktmotor kein Öl vorhanden ist, können Kurbelwelle und Lager anfangen zu rosten. Und wir wissen ja vermutlich nicht, wie lange die RD schon gestanden hat.
Auch die Kurbelwellensimmerringe werden hart und brüchig. Sind die defekt, zieht der Motor je nach Seite entweder Getriebeöl oder Nebenluft. Spätestens, wenn er Getriebeöl zieht, muss der Motor eh zerlegt werden. Die Simmerringe lassen sich nicht ohne Motorteilung wechseln.
Wenn er aber Nebenluft zieht, wird das sehr schnell fatale Folgen haben. Deshalb ist eine komplette Motorzerlegung der oben beschriebenen Vorgehensweise vorzuziehen. Auch Getrieeschäden ließen sich dadurch entdecken, da ja das Getriebe bei der Motorteilung mit freigelegt wird.
Dadurch wird es auch leichter, die Simmeringe der Antriebswelle und der Schaltwelle mitzuwechseln. Das sollte unbedingt geschehen, das kann man aber auch von außen machen. Wenn man es nicht gleich macht, wird man es vermutlich nach einigen hundert Kilometern machen müssen. Das Gleiche gilt für den Simmerring der Wasserpumpe.
Hat man sich entschieden, den Motor zu zerlegen, wäre es optimal, die Kurbelwelle überholen zu lassen oder gegen eine neue zu tauschen. Zumindest aber sollten die äußeren Kurbellager gewechselt werden. Die Kolbenbolzen auf Verfärbungen prüfen und gegebenenfalls samt Lager auswechseln. Dabei auch auf die Fixierstifte der Kolbenringe achten. Diese können brechen oder wandern. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass sich die Kolbenringe im Überströmer oder Auslass verhaken.

Elektrik

Nachdem wir den Motor abgehandelt haben, wenden wir uns der Elektrik zu. Sämtliche Steckkontakte auseinander ziehen, auf Korrosion prüfen und fragwürdige Stecker sofort austauschen. Geflickte Kabel (gerne mit Lüsterklemmen geflickt) erneuern.
Der Sicherungskasten mit seinen Glassicherungen sollte durch einen mit Flachsicherungen ersetzt werden. Der kostet nur ein paar Euro und ist z.B. bei Conrad erhältlich.

Fahrwerk

Nun kommen wir zum Fahrwerk.
Zuerst die Lager der Schwinge und der Federbeinumlenkung auf Spiel und Schwergängigkeit prüfen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Lager erneuert werden müssen. Das Original-Federbein der RD wird vermutlich schon eine Luftpumpe sein. Das zu erneuern, ist eigentlich schon fast Pflicht. Da das Original nicht so besonders gut ist, sollte man eins aus dem Zubehör nehmen. Es passen auch einige Federbeine anderer Motorräder. Auch hierzu gibt es Beiträge im Forum.
Bitte die Suchfunktion benutzen. Ein Beispiel: http://forum.rd350lc.de/viewtopic.php?t=4901

Unbedingt wechseln sollte man das Lenkkopflager. Ob man sich für ein Rillenkugellager entscheidet, oder für ein Schrägrollenlager, ist eine Philosophie-Frage. Die Meisten entscheiden sich für Schrägrollenlager.
Genauso wichtig wie das Federbein ist die Gabel. Die sollte auseinander genommen und gründlich von innen gereinigt werden. Der ohnehin fällige Gabelölwechsel wird damit automatisch mit erledigt. Außerdem muss man zwangsläufig die Gabelsimmerringe auswechseln, was ohnehin empfehlenswert wäre. Das ist gar kein großer Akt. Wenn die Gabel ausgebaut ist, was man ja sowieso macht, um das Lenkkopflager zu wechseln, ist das nur noch eine Halteschraube und ein Seegerring, dann hat man das Standrohr vom Tauchrohr getrennt. Dann mit einem langen Gegenstand und einem Lappen das Standrohr peinlichst sauber machen. Da unten sammelt sich ein ekelhafter Schlamm an.
Beim Befüllen der Gabel auf die exakte Füllmenge achten, sonst sind die neuen Simmeringe ganz schnell wieder undicht. Außerdem spricht die Gabel bei unterschiedlicher Befüllung sehr ungenau an, was sich besonders in Kurven auswirkt.
Das Gleiche gilt für die Lager der Schwinge und der Federbeinführung. Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Schlechtes Ansprechverhalten kann zu äußerst brenzligen Situationen führen. Und während die Schwingenlager meistens zu viel Spiel haben, werden die Lager der Y-Hebel meistens fest und unbeweglich.
Bleibt als Letztes noch die Übersetzung. Wenn die Zähne des Kettenblatts schon schräg eingelaufen sind, sollte man die Übersetzung gleich wechseln. Ebenso, wenn die Kettenglieder schon nicht mehr gerade zueinander stehen. Der Wechse ist dann eh bald fällig, und da braucht man keine abspringende oder reißende Kette riskieren.

Damit sollte die Erstbehandlung der RD abgeschlossen sein, und man kann sich der eigentlichen Restauration zuwenden. Ich wünsche viel Freude und viel blauen Rauch.

Bezugsquellen

Bleibt noch zu erwähnen, dass man sich zu allererst die RD-Bibel von Martin Kieltsch zulegen sollte. Hier sind alle notwendigen Arbeiten gut beschrieben und man hat gleich alle Einstellwerte, Schaltpläne und Bezugsadressen für Teile. Zu beziehen ist sie mittlerweile hier unter Downloads. Allerdings bezieht sich dieses Buch auf die YPVS-Modelle.

Horst Meise

Die erste Anlaufadresse für Ersatzteile ist Horst Meise. Die Telefonnummer zum Bestellen findet sich auf seiner Internetseite. Er schickt die Teile dann sehr schnell und auf Rechnung.
http://www.yamahaklassikerteile.de

Bremsen und Kupplung

http://www.ebc-brakes.de

Dichtungen und Verschleißteile

http://www.goetz-motorsport.de/

Vergaserreparatursatz

http://www.motorradbay.de

Zuletzt aktualisiert am 2015-01-19 von Stefan Philipp.